Within the Frame – The Journey of Photographic Vision von David duChemin ist wahrscheinlich das ungewöhnlichste – und beste – Photobuch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Es ist ungewöhnlich, denn es überbrückt die Lücke zwischen Büchern über Photographie als Kunst und Photographie als Technik und bringt Kunst und Technik zusammen. Darum geht es meiner Meinung nach in der Photographie.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der eigenen Vision – was ist es, was ich sehe und vermitteln möchte? Das zweite Kapitel geht darauf ein, welche Gefühle, Ideen oder Eindrücke ich festhalten möchte und welche Motive dies dem Betrachter vermitteln. Das dritte Kapitel beschreibt Ausrüstung und Technik, die nötig sind, um genau das gewünschte Bild zu erstellen. Diese Herangehensweise, bei der es nicht primär um (technisch) perfekte Bilder geht, sondern darum etwas zu kommunizieren in einem Bild trifft den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf! Genau darum geht es.
Im vierten Kapitel geht es um das Erzählen einer Geschichte in einem oder mehreren Bildern und wie man die Aufmerksamkeit des Betrachters fesselt. Diese Kapitel ist Pflichtlektüre wenn man von einem optischen Leckerbissen zu einem Gängemenü kommen möchte.
Die nächsten Kapitel behandeln Photos von Menschen, Orten und Kulturen. Mir hat besonders das Kapitel über Menschen gefallen (ich photographieren Menschen besonders gerne und habe eine Reihe nützlicher Tipps und Ideen erhalten). Im Laufe des Kapitels über Orte hat meine Aufmerksamkeit nachgelassen und wurde auch im letzten Kapitel nicht wieder geweckt. Mir scheint, dass die wichtigsten Punkte der vorherigen Kapitel etwas zu oft wiederholt wurden.
Die Bilder in dem Buch sind ergreifend und wunderschön. Eine Reihe sind auf der Website des Autors www.pixelatedimages.com zu sehen. Obwohl alle Bilder an für Europäer oder Nordamerikaner sicher „exotischen“ Orten aufgenommen wurden würde ich das Buch nicht als ein Buch über Reisephotographie einordnen. Alles, was in dem Buch steht, trifft auch auf Photos in dem eigenen Heimatort zu, vielleicht sogar noch mehr als unterwegs …
Ich verspüre großen Respekt vor der Art, wie David duChemin seine Motive als Menschen und nicht bloß Kulisse für seine Photos behandelt. Ich empfinde diesbezüglich wie er und wurde mir über einiges, was ich unbewusst gemacht habe, klarer. Außerdem habe ich eine Reihe von nützlichen Tipps erhalten, wie ich Menschen auf Photos ansprechen kann.
Mit seiner Behandlung von technischen Themen geht es mir ähnlich: duChemin macht mir in seinem Buch Dinge, die ich intuitiv getan habe, bewusst, wodurch ich mehr Kontrolle erhalte und mir mehr Möglichkeiten eröffne. So wünsche ich mir zum Beispiel dass ich seine Gedanken zu der richtigen Wahl des Objektives viel früher gelesen hätte. Er hat mir gezeigt wofür ich Weitwinkelobjektive einsetzen kann, die ich bisher kaum verwende. (Interessanterweise hat er offensichtlich eine ähnliche Entwicklung durchlebt, bei der er anfangs fast nur Teleobjektive verwendet hat und erst nach und nach den Einsatz von Weitwinkelobjektiven gelernt hat.)
Schließlich habe ich sehr, sehr viel aus seinem Ansatz Bilder als Geschichtenerzählen zu betrachten gelernt. Für wen das – wie für mich – ein Buch mit sieben Siegeln ist, der wird sehr von Within the Frame – The Journey of Photographic Vision profitieren!
Wie oben beschrieben hat mein Interesse und meine Aufmerksamkeit in den letzten beiden Kapiteln stark nachgelassen. War es einfach zu viel Stoff? Oder waren die Kapitel schwächer als die vorhergehenden? Ich weiß es nicht. Ich weiß allerdings, dass das Buch auch ohne die letzen beiden Kapitel Pflichtlektüre für jeden, der Menschen photographieren will, ist, deshalb erhält es fünf Sterne.
5 Sterne (von 5)